Archiv für den Monat: Oktober 2017

eduroam- und RADIUS-Serverzertifikate aus der neuen DFN-PKI Generation 2

Für eduroam (DFNRoaming) werden an unterschiedlichen Stellen SSL-Zertifikate genutzt. Bevor nun in einer eduroam-Installation einer Organisation SSL-Zertifikate der neuen Generation 2 der DFN-PKI eingesetzt werden sollen, sind ein paar Dinge zu beachten, Vorkehrungen zu treffen und möglicherweise die eigenen NutzerInnen zu informieren, speziell bei einer Migration der genutzten SSL-Zertifikate von der alten auf die neue DFN-PKI Generation 2.

Der naive Austausch bestehender SSL-Zertifikate für die eduroam-RADIUS-Server der DFN-PKI Generation 1 durch neue SSL-Zertifikate der neuen DFN-PKI Generation 2 führt für die eigene Nutzerschaft fast zwangsläufig zum Verlust der eduroam-Konnektivität. Noch ist Zeit, den Übergang sorgfältig vorzubereiten und diese sollte jetzt genutzt werden.

Erstmalige Einrichtung einer eduroam-Infrastruktur mit der neuen DFN-PKI Generation 2

Sofern die eduroam-Infrastruktur in einer Einrichtung zum ersten Mal aufgebaut wird, und dabei von Anfang an ausschließlich SSL-Zertifikate aus der neuen DFN-PKI Generation 2 zum Einsatz kommen, ist nichts Besonderes zu beachten. Falls für die eigenen NutzerInnen eduroam Installationsprogramme des eduroam Configuration Assistant Tools (CAT, https://cat.eduroam.de) zur Verfügung gestellt werden, so sind – wie erwartet – bei den entsprechenden Konfigurationsoptionen in der CAT-Verwaltung jeweils die CA-Zertifikate aus der neuen DFN-PKI Generation 2 anzugeben. Genauso sind die CA-Zertifikatsketten der Server-Konfigurationen (RADIUS-, RadSec- bzw. radsecproxy-Server) mit den CA-Zertifikaten aus der neuen DFN-PKI Generation 2 zu versehen.

Migration einer bestehenden eduroam-Infrastruktur von der alten auf die neue DFN-PKI Generation 2

Interessanter wird es, wenn eine bestehende eduroam-Infrastruktur von SSL-Zertifikaten der alten DFN-PKI Generation auf Zertifikate der neuen DFN-PKI Generation 2 umgestellt werden soll:

1. RadSec für die Verbindung vom RADIUS-Server zum übergeordneten RADIUS-Server beim DFN

Die SSL-Zertifikate von RadSec- bzw. radsecproxy-Servern können ohne weiteres sofort durch SSL-Zertifikate der neuen DFN-PKI Generation 2 ausgetauscht werden. Hierbei muss natürlich darauf geachtet werden, dass dabei auch die CA-Zertifikatskette passend zum neuen Serverzertifikat ausgetauscht wird und die vertrauenswürdigen CA-Zertifikate zur Authentisierung von eingehenden Verbindungen sowohl die CA-Zertifikatskette der alten als auch die der neuen DFN-PKI Generation 2 enthält. Ändern sich FQDN und/oder IP-Adresse des RadSec- bzw. radsecproxy-Servers, oder wird dabei gleichzeitig von einer radsecproxy Version < 1.6 auf eine höhere Version der radsecproxy Server-Software aktualisiert, so sollte das vorher unbedingt mit dem eduroam-Team vom DFN (eduroam@dfn.de) abgestimmt werden.

Gibt es in der eigenen Einrichtung eine verschachtelte lokale RadSec-Infrastruktur, so muss darauf geachtet werden, dass auch die weiteren lokalen RadSec-Server client-authentisierte Verbindungen von Zertifikaten der neuen DFN-PKI Generation 2 akzeptieren. Es muss also auch dort die CA-Zertifikatskette der neuen DFN-PKI Generation 2 zu den vertrauenswürdigen CA-Zertifikaten hinzugefügt werden.

2. RADIUS-Server für die Authentisierung der NutzerInnen

Die Umstellung des RADIUS-Servers (EAP-Server) zur eigentlichen Authentisierung der bei den EndnutzerInnen installierten 802.1X-Supplikanten ist sehr sorgfältig zu planen, da hier das Potential besteht, die gesamte eigene eduroam-Nutzerschaft abzuhängen und zur erneuten Konfiguration der WLAN-Einstellungen für das eduroam zu zwingen.

Pinning

Das sogenannte Zertifikat-Pinning in den 802.1X-Supplikanten auf den mobilen Endsystemen (z.B. Laptops oder Smartphones) der NutzerInnen stellt hierbei die größte Hürde dar. Beim Zertifikat-Pinning werden automatisch durch das Betriebssystem oder durch WLAN-Konfigurations-Assistenten oder explizit manuell durch den/die EndnutzerIn im 802.1X-Supplikant die zur RADIUS-Server-Authentisierung genutzten CA-Zertifikate und/oder das RADIUS-Serverzertifikat selbst festgeschrieben. Dieser Mechanismus soll die EndnutzerInnen vor schurkischen WLAN-Accesspoints und RADIUS-Servern schützen und verhindern, dass die EndnutzerInnen ihre eduroam-Zugangsdaten einem Angreifer in die Hände spielen.

Eine weitere weit verbreitete Form ist das FQDN- oder Domain-Pinning in den 802.1X-Supplikanten der EndnutzerInnen, wobei der FQDN oder ein Domain-Anteil des FQDNs des RADIUS-Servers hart in der eduroam WLAN-Konfiguration festgeschrieben wird und sich dieser dann auch im CommonName (CN) Attribut des neuen Zertifikats widerspiegeln muss.

Plattformabhängige Unterschiede der Supplikanten

Die plattformabhängigen Unterschiede der einzelnen 802.1X-Supplikanten (Android v4, v5, v6, v7, iOS, MacOS, Windows, Linux) erschweren es zusätzlich, eine für alle Systeme passende Lösung zu finden.

Vorgehen

Die eduroam-Gemeinschaft im DFN erarbeitet im DFN-Forum Mobile-IT Möglichkeiten und diskutiert diese auf der DFNroaming-Mailing-Liste (Listenarchiv). Weitere Informationen gibt es auch in einem konservierten Etherpad.

Diese Vorschläge zum weiteren Vorgehen bei der Migration sind nicht abschließend vollständig.

Welches Vorgehen eine Einrichtung letztlich wählt, um die SSL-Zertifikate der lokalen eduroam-Infrastruktur auf die neue DFN-PKI Generation 2 umzustellen, bleibt der Einrichtung überlassen und ist hoch individuell von den lokalen Gegebenheiten in der Einrichtung und deren Nutzerschaft abhängig. Auf jeden Fall sollte die Umstellung sehr sorgfältig geplant werden, denn die SSL-Zertifikate aus der alten DFN-PKI Generation 1 laufen spätestens Anfang Juli 2019 ab und neue Zertifikate gibt es dann nur noch aus der neuen DFN-PKI Generation 2.

Kommunikation

Da realistischer Weise und auch aus technischen Gründen (z.B. Android <= 6.x) nicht davon auszugehen ist, dass alle 802.1X-Supplikanten der gesamten Endnutzerbasis bis zum eigentlichen Umstellungszeitpunkt mit den CA-Zertifikaten von alter und neuer DFN-PKI-Hierarchie ausgestattet werden können, wird den Einrichtungen empfohlen, rechtzeitig einrichtungsspezifische Anleitungen und Kommunikationsstrategien  für die EndnutzerInnen vorzubereiten und zu veröffentlichen. Falls es zum Umstellungszeitpunkt zu eduroam Verbindungsproblemen kommt, muss das bestehende eduroam WLAN-Profil gelöscht und neu angelegt werden, manuell oder z.B. mit Hilfe der eduroam CAT Installationsprogramme.

(rkm, 26.10.2017, aktualisiert am 01.11.2017)